Rhetorik

Bewerbungsgespräch führen – Tipps für Arbeitgeber*innen

15.11.2022
Die Suche nach geeigneten Kandidat*innen für eine freie Stelle wird für die Arbeitgeber*innenseite zunehmend anspruchsvoller. Denn durch eine niedrige Arbeitslosigkeit herrscht derzeit ein Bewerber*innenmarkt, bei dem sich vor allem gut qualifizierte Arbeitnehmer*innen ihre zukünftigen Arbeitgeber*innen aussuchen können (lese hierzu auch unseren Artikel zum Thema Fachkräftemangel).
Umso wichtiger ist es daher, beim Bewerbungsgespräch das eigene Unternehmen gut zu repräsentieren. Wir zeigen Dir in diesem Leitfaden, wie man erfolgreich Bewerbungsgespräche als Arbeitgeber*in führt und so die perfekten Kandidat*innen findet.
Du bist Bewerber*in? Dann ist unser Artikel Vorstellungsgespräch erfolgreich meistern genau richtig für Dich. 

Bewerbungsgespräche als Arbeitgeber*in führen – so geht’s

Bewerbungstipps für Arbeitsuchende gibt es unzählige. Doch auch Arbeitgeber*innen können sich durch Tipps auf ein Bewerbungsgespräch vorbereiten. In unserem Onlinekurs Bewerbungsgespräche führen bereiten wir Dich in nur 1:20 Std auf diese Aufgabe vor. In aller Kürze hier die wichtigsten Punkte:

  • Zunächst sollte geklärt werden, ob und warum das Unternehmen neue Mitarbeitende benötigt
  • Arbeitgeber*innen sollten sich mit den Bewerber*innen vertraut machen
  • Ein Interviewleitfaden hilft bei der Vorbereitung
  • Eine angenehme Atmosphäre ist wichtig
  • Beim Gesprächseinstieg darf ein bisschen Smalltalk ruhig sein
  • Die Arbeitgeber*innen sollten immer die Gespräche aktiv beginnen und führen
  • Wichtig: Nachhaken, richtig zuhören und nachfragen
  • Notizen zu den Antworten sind wichtig – und auch über Beobachtungen
  • Keine Eile mit der Entscheidung
Wenn Du diese Punkte beachtest, sollten Deine Bewerbungsgespräche in der Regel wesentlich erfolgreicher verlaufen. Im Folgenden zeigen wir in unserem Leitfaden ausführlich, wie Arbeitgeber*innen ein Bewerbungsgespräch führen können.
 

Bewerbungsgespräch richtig führen – eine Checkliste

Grob lässt sich ein Bewerbungsgespräch in drei Teile gliedern: die Vorbereitung, das Gespräch selbst und natürlich auch die Auswertung bzw. Auswahl.

Vorbereitungen für das Bewerbergespräch

Wie bei so vielen Dingen gilt auch hier: Eine gute Vorbereitung ist das A und O. Denn sie verhindert nicht nur Stress und Hektik, sondern sorgt auch dafür, dass weniger Fehler passieren und die Kandidat*innenensuche reibungsloser und erfolgreicher verläuft. Aber wie bereitet man sich auf ein Bewerbungsgespräch aus Unternehmenssicht vor?
 

Vorüberlegungen: Brauchst Du wirklich neue Mitarbeitende?

Es mag vielleicht banal klingen – aber als allererstes solltest Du Dich fragen, ob Dein Unternehmen wirklich neues Personal braucht oder ob Du bestehende Ressourcen anders einsetzen kannst. Wenn Du die Frage mit einem klaren “Ja” beantworten kannst, hast Du sicher auch schon eine andere Frage mit beantwortet:
 

Warum brauchst Du neues Personal?

Dabei sollte die Antwort nicht einfach lauten: “um die anfallende Arbeit zu bewältigen”, sondern eher: Der*die neue Mitarbeiter*in soll genau diese und jene Funktion erfüllen. Warum das so wichtig ist? Wenn Du genau weißt, was der*die neue Mitarbeiter*in leisten soll, dann fällt es Dir auch umso leichter, anhand dieser objektiven Kriterien eine gute Entscheidung zu treffen.
 

Die Stellenausschreibung

Ob Indeed, LinkedIn oder Stepstone: Mit der Stellenausschreibung fängt die Suche richtig an. Natürlich sollte dabei nicht nur das Unternehmen und die ausgeschriebene Stelle klar vorgestellt sein, sondern auch die Anforderungen an den*die Bewerber*in und die Vorteile Deines Unternehmens: Wieso sollte jemand sich genau für Dein Unternehmen bewerben? Ein Tipp: Der Obstkorb und das Mineralwasser in der Mitarbeiter*innenküche entfesseln heutzutage keine Begeisterungsstürme mehr. Das sollte dann (wenn vorhanden) nur in einem Nebensatz erwähnt werden – nicht aber als Main Benefit des Unternehmens.
 

Teilnehmende und Raum

Natürlich musst Du auch klären, wer alles am Bewerbungsgespräch teilnimmt. Nur Du als direkte*r Vorgesetzte*r? Die*der Personale*r, eventuell auch die Kolleg*innen? Ist das geklärt, muss man noch einen geeigneten Raum suchen. Dieser sollte natürlich möglichst ruhig sein. Denk daran, den Raum rechtzeitig zu reservieren. 

Exkurs: Bewerbungsgespräch online führen

Solltest Du das Bewerbungsgespräch online führen, solltest Du dafür sorgen, dass Dein Gesicht gut ausgeleuchtet und der Hintergrund möglichst ruhig ist.
 

Gesprächsleitfaden

Welche Fragen kann ich beim Bewerbungsgespräch als Arbeitgeber*in stellen?
 
Welche Fragen Recruiter*innen beim Bewerbungsgespräch stellen, hängt natürlich immer auch vom Unternehmen und der jeweiligen Situation ab. Eine gute Idee ist es auch, gezielt Fragen zu den Bewerbungsunterlagen zu stellen. Generell gibt es aber drei Bereiche, zu denen Unternehmen Fragen stellen sollten. Diese sind:
 
  • Persönlichkeit, Erwartungen und Arbeitsweise
  • Leistungsbereitschaft und Motivation
  • Softskills
Unangebracht sind Fragen, die zu persönlich sind, wie etwa zur Familie, Religion oder sexueller Orientierung. Außerdem sollte das Bewerbungsgespräch nicht zu einem Kreuzverhör werden. Sogenannte Stressfragen werden zwar immer wieder gestellt – allerdings sind diese unnötig und oft ist es auch kontraproduktiv, die Bewerber*innen mit schwierigen Fragen aufs Glatteis zu führen.
 
Wenn Du ein bisschen Inspiration oder Orientierung brauchst, haben wir hier einen Fragenkatalog für Bewerbungsgespräche als Arbeitgeber*in bereitgestellt:
 
Bewerbungsgespräch: Fragenkatalog für Arbeitgeber*innen
  • Wie war Ihre Vorbereitung auf den heutigen Termin?
  • Warum wollen Sie Ihre Stelle wechseln?
  • Wie sollten die ersten drei Monate bei uns Ihrer Meinung nach ablaufen?
  • Wie sind Ihr*e aktuelle*r Chef*in und Ihre Kolleg*innen?
  • Haben Sie ein Vorbild – und warum dieses?
  • Welche guten Erfahrungen haben Sie in Ihrem Leben gesammelt?
  • Woran sind Sie gescheitert?
  • Was war das Verrückteste, das Sie in Ihrem Leben bisher erlebt haben?
  • Was müsste schieflaufen, damit Sie den Schritt zu uns bereuen?
  • Was ist Erfolg für Sie?
  • Worauf sind Sie besonders stolz? Und warum?
  • Welche Art von Misserfolg ärgert Sie am meisten?
  • Hatten Sie eine schwierige Situation an Ihrem letzten Arbeitsplatz? Wie sind Sie damit umgegangen?
  • Was ist Ihrer Meinung nach der beste Ansporn zur Arbeit? Karriere, Berufung,
  • Begeisterungsfähigkeit, Gehalt, flexible Arbeitszeiten…?
  • Warum tun Sie Ihre Arbeit gern?
  • Was ermöglicht Ihrer Meinung nach wirklich gute Leistungen?
  • Warum haben Sie sich genau für diese Stelle entschieden?
  • Warum sind genau Sie für diese Stelle geeignet?
  • Welche Erwartungen haben Sie an Ihre neue Aufgabe?
  • Wie motivieren Sie sich jeden Tag neu?
 
Softskill-Fragen:
Tipp: Am besten sind hier Fragen zu spezifischen Situationen aus der Vergangenheit. Ansonsten erhält man nur allgemeine, unkonkrete Aussagen.

Zur Belastbarkeit:
  • Wie sind Sie mit belastenden / anstrengenden Situationen umgegangen?
  • Was war Ihr letzter / größter Misserfolg und wie sind Sie damit umgegangen?
  • Wie gehen Sie mit Stress um?
 Zu sorgfältigem Arbeiten:
  • Was bedeutet für Sie sorgfältiges Arbeiten?
  • Haben Sie mal Ihre Sorgfalt verletzt? Wie hat sich das ausgewirkt?
 Zur Teamfähigkeit:
  • Angenommen, Sie müssten sich entscheiden: Würden Sie für immer alleine oder für immer nur im Team arbeiten? Und warum?
  • Durch was zeichnen Sie sich in der Zusammenarbeit mit anderen aus?
  • Welche Rolle nehmen Sie bei Gruppenarbeiten normalerweise ein? Und warum?
  • Welche Vorteile sehen Sie in der Teamarbeit?
  • Mit welchem Typ arbeiten Sie gerne zusammen – und warum?
 

Direkt vor dem Gespräch

Genügend Bewerber*innen haben sich gemeldet, Du hast eine Vorauswahl getroffen und die ersten Termine ausgemacht – dann geht es jetzt in die heiße Phase.

Halbe Stunde vor dem Termin

Überprüfe noch einmal, ob alle Unterlagen vorhanden sind, der Raum gebucht ist und alle Teilnehmenden dem Termin zugestimmt haben. Sind in dem Raum genügend Stühle, Gläser, Getränke etc. vorhanden? Wenn Du eine Präsentation vorbereitet hast, überprüfe sicherheitshalber noch einmal die Technik. 5 Minuten vor dem Termin solltest Du den Raum nochmal gut durchlüften – genügend Sauerstoff ist wichtig für alle Seiten.
 

Das Gespräch

Für ein gutes Bewerbungsgespräch gibt es zwei Prämissen. Die erste ist, dass Du eine*n geeignete*n Mitarbeiter*in findest, mit dem*der Du langfristig zusammenarbeiten kannst. Die zweite: Achte darauf, dass sich der*die Bewerber*in wohlfühlt.
 

Der ideale Ablauf eines Bewerbungsgesprächs

Natürlich kann jedes Unternehmen selbst entscheiden, wie das Bewerbungsgespräch ablaufen sollte. Allerdings hat sich folgender Ablauf bewährt – und eine gewisse Routine beziehungsweise Wiedererkennbarkeit gibt beiden Seiten Sicherheit.
 

Begrüßung & Einleitung

Natürlich sollte die Begrüßung freundlich und herzlich, aber dennoch professionell sein. Ein bisschen Smalltalk hilft dabei, die Situation aufzulockern. Erkläre ganz kurz, wie das Gespräch ablaufen soll und wie lange es etwa dauert. So nimmst Du den Kandidat*innenen die Aufgeregtheit und den Stress. Anschließend können alle Anwesenden kurz etwas von sich erzählen, bevor Du das Unternehmen und die Aktivitäten vorstellst.
 

Der Hauptteil

Jetzt beginnt das eigentliche Bewerbungsgespräch. Hier ist eine Themenstruktur sinnvoll. Diese hilft bei der Orientierung – allerdings kann und soll sich das Gespräch auch frei und ungezwungen entwickeln. Dabei sollte der Redeanteil der Kandidat*innen aber wesentlich höher sein als Dein eigener. Folgende Themenblöcke sind in einem Bewerbungsgespräch sinnvoll:
 
  • Bisherige Erfahrungen und Stationen
  • Motivation und Persönlichkeit
  • Spezielle Fachkenntnisse und Fragen zur Arbeitsweise
  • Anforderungen an die Position
  • Bedingungen der Stelle (Arbeitszeit, Gehalt)
 

Die Fragerunde

Natürlich können und sollten schon während des Hauptteils Fragen gestellt werden. Eine offene Fragerunde am Schluss bietet aber allen Teilnehmenden nochmal die Möglichkeit, gezielt auf bestimmte Punkte einzugehen. Gute Bewerber*innen sollten dabei immer ein paar Fragen vorbereitet haben – das zeugt von echtem Interesse an der Stelle.
 

Abschluss und Verabschiedung

Am Ende sollte ein „Danke“ selbstverständlich sein. Ebenso wichtig ist es, dem*der Bewerber*in die nächsten Schritte aufzuzeigen: Was wird als Nächstes geschehen, wer meldet sich bei wem, wann kann der*die Bewerber*in mit einer Antwort rechnen, gibt es weitere Gespräche, etc. Da sich vor allem gut ausgebildete Bewerber*innen auf verschiedene Stellen bewerben, ist die Frage nach einem Zeitplan wichtig.
 
Im Abschluss an das Gespräch kannst Du dem*der Bewerber*in auch noch die Räumlichkeiten zeigen und auch mit den potentiellen Kolleg*innen bekannt machen. Optionaler Pluspunkt: Ein kleines Geschenk, das zum Unternehmen passt, sorgt für einen guten Eindruck.
 

Nach dem Bewerbungsgespräch: Auswahl und Auswertung

Am besten reflektierst Du das Gespräch direkt im Anschluss, denn so sind die Eindrücke noch frisch und Du kannst Dir besser notieren, was für oder gegen einen Kandidaten spricht. Das macht es Dir später bei der objektiven Entscheidungsfindung einfacher.
 
Ganz wichtig ist, dass Du Dich an den Zeitplan hältst, der dem*der Kandidat*innen versprochen wurde – ganz egal, ob für eine Zu- oder Absage. Wenn Du noch mehr Zeit brauchst, teile auch das mit. Einfach gar nicht mehr zu schreiben, ist ein absolutes No-Go. Denn so sorgst Du nicht nur für ein schlechtes Gefühl bei dem*der Bewerber*in – unter Umständen kann der*die Bewerber*in auch in seinem Umfeld von diesem Verhalten erzählen und damit andere potentielle Bewerber*innen abschrecken.
 

Weitere Fragen

 

Wie lang sollte ein Bewerbungsgespräch dauern?

In der Regel sind 60 Minuten ausreichend, um sich ein umfassendes Bild der Kandidat*innen zu machen. Bei Führungspositionen sind auch 90 Minuten angemessen. Ist alles Wichtige aber schon vorher besprochen, muss das Gespräch nicht unnötig in die Länge gezogen werden. Informiere die Kandidat*innen bereits in der Einladung zum Gespräch über die zu erwartende Länge.
 

Soll ich als Arbeitgeber*in im Bewerbungsgespräch duzen oder siezen?

Das hängt natürlich vom Unternehmen ab. Als Faustregel gilt: Mache es genauso, wie Du es auch in der Stellenbeschreibung gemacht hast. In der Regel ist es aber besser, sich lieber etwas förmlicher als zu leger zu präsentieren. Das gilt übrigens auch beim Dresscode.

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